WIE ALLES BEGANN
Die Pandemie war in ihrem 2. Jahr. Der Sommer 2021 war unauffällig. Ich verbrachte im August ein paar entspannte Tage in meinem Lieblingsresort im Südburgenland.Wandern, relaxen, planschen waren für mich die bestimmenden Themen. Doch auch die Pandemie hatte ich nicht aus den Augen verloren. So musste ich regelmäßig auch im Hotel den Nachweis erbringen, dass ich „ungefährlich“ bin, sprich ich musste mich testen lassen. Für mich kein Problem, ich hatte genügend von den „Wohnzimmertests“ mit und konnte daher auch über die Plattform „NÖ testest“ jedes Mal einen negativen Nachweis erbringen.
Auch verfolgte ich natürlich die Nachrichten so nebenbei und ich nahm wahr, dass bereits im Sommer
2021 darauf hingewiesen wurde, dass ab September die Schule wieder beginnen würde und es
erwartet wird, dass die Inzidenzen wieder stark ansteigen werden. Die hohe Politik wollte aber
vermutlich davon nichts hören. Zu schön war der Sommer. Und so kam es, dass genau der oben beschriebene Umstand, dann eintrat und die Zahlen von positiv Getesteten in den Herbst hinein immer weiter durch die Decke gingen. Und nun plötzlich sah sich auch die Politik dazu veranlasst, etwas zu tun. Nachdem die „Impfbereitschaft“ der Bevölkerung nicht weiter anstieg, mussten also andere Maßnahmen her, um, wie es die Politik nannte,„gegenzusteuern“
November 2021
So wurde also dann ab 1.11.2021 der 3G-Nachweis, auch am Arbeitsplatz eingeführt. Für mich bedeutete dies aufgrund der dazu ergangenen Dienstanweisung, dass ich in meiner Freizeit,
um mein Geld rechtzeitig vor Dienstbeginn mich darum zu kümmern hatte, einen negativen Nachweis
des C-Virus zu erbringen, da ich ansonsten die Dienststelle nicht betreten hätte dürfen. Dies hatte für mich zur Folge, dass ich meinem Chef ab diesem Datum untersagte, mir mehr als 24- stündige Dienste zu planen, damit ich dieser Dienstanweisung auch entsprechen konnte. Es wäre nämlich bei einigen Konstellationen im Dienstplan schier unmöglich gewesen, rechtzeitig vor Dienstbeginn einen neuen, negativen Nachweis zu erbringen.
So vollzog ich halt diese Maßnahme, in einer für mich angenehmen Weise. Und ich dokumentierte sie, um im Falle, dass diese später vom VfGH möglicherweise aufgehoben werden sollte, auch meine dadurch entstandenen Kosten zurückzufordern. Daraus ist aber leider bis heute nichts geworden.
Als dann Mitte November 2021 die Zahlen trotz der verhängten 3G Regel nicht merkbar
zurückgingen, sahen sich die Verantwortlichen dazu veranlasst, in einem „Nacht-und-Nebel-Meeting“
am Achensee / Tirol über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht in Österreich zu reden.
Und als sich dann der damalige Bundeskanzler Schallenberg in einer Pressekonferenz in einer
herabwürdigenden Weise dazu entschloss dies bekanntzugeben und gleichzeitig einen Lockdown für
Ungeimpfte ankündigte, war für mich „meine Rote Linie“ endgültig überschritten.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es unter gleichgesinnten Kollegen und mir auf Telegram hin- und herging. Da wurden bereits Verhaltensweisen und Strategien besprochen, wie man sich dagegen wehren hätte können. Und unter anderem wurde ich auf eine Gruppe Kollegen aufmerksam, die diese ganze Pandemie, aber vor allem die verhängten Maßnahmen, ebenfalls so kritisch sahen wie ich.
Schnell wurde in der Gruppe vereinbart, dass wir am 20.11.2021 bei der großen Demo am
Heldenplatz unbedingt teilnehmen müssen.
So trafen wir uns an diesem Tag am Ring vor dem Goethe Denkmal und ich lernte dabei viele, nette,
engagierte Kollegen kennen, die, wie man so schön sagt, reichlich „mit Hausverstand“ ausgestattet
sind. Eine Kollegin hatte ein Banner mit dabei, auf welchem ein Polizist von hinten zu sehen war, der eine
Zivilperson über die Hüfte umarmt. Als Text stand auf der linken Seite „Es reicht“, rechts daneben
„Wir gemeinsam mit Euch“ und am unteren Rand des Banners auf einem blauen Streifen „Polizisten
für Grund – und Freiheitsrechte“.
Es wurden auch Aufkleber verteilt, mit der Aufschrift „Kritischer Polizist“, welchen sich alle von uns
an ihre Jacken klebten.
Da standen wir nun und beratschlagten, ob diese Botschaft auf dem Banner gegen Gesetze oder
dienstliche Bestimmungen verstoßen würden. Nach einer halbstündigen Diskussion kamen wir zu
dem Ergebnis, dass diese Botschaft klar und deutlich ist, aber weder gegen straf- noch
verwaltungsrechtliche oder gar dienstrechtliche Bestimmungen verstoßen würde.
Und so machten wir uns auf den Weg, um mit diesem Banner durch das äußere Burgtor auf den
Heldenplatz einzumarschieren. Was dann passierte, hat sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt.
Wildfremde Leute begannen uns zu bejubeln, applaudierten und umarmten uns.
Es war einfach unbeschreiblich und ich hatte so etwas in meiner bisherigen Berufslaufbahn noch nie
erlebt. Man sah, wie diese einfache Botschaft am Banner, den Leuten so etwas wie Hoffnung und
Glaube an die Rechtsstaatlichkeit usw. vermittelte. Für mich war dies ein absoluter
„Gänsehaut- Moment“.
Und es war auch der Moment, wo wir wussten, dass wir etwas los getreten hatten. Wie schnell die
Reaktion darauf seitens des Dienstgebers sein würde, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht
abschätzen. Wir wussten aber aufgrund der Berichterstattung in den Mainstreammedien, dass da
„etwas kommen würde“. Wurden wir anfangs noch verleugnet und als Deutsch Polizisten tituliert, so wussten aber wir, was die Realität war.
Was nach dieser Demoteilnahme folgte, war ein Offener Brief an den Innenminister, der von
unserem Diakon und 2 Kollegen unterzeichnet wurde. Damit dürfte dann auch dem letzten
Mitarbeiter im BMI klar gewesen sein, dass es in den Reihen der Polizei kritische Stimmen gegen die
verhängten Maßnahmen gibt. Aufgrund dieses Briefes wurden auch politische Parteien, oder soll ich
sagen, eigentlich nur eine Partei, auf uns aufmerksam. So kam es, dass die beiden Kollegen, die den
Brief unterzeichnet hatten und ich plötzlich in einem Interview saßen, wo wir über das Klima und die
Spaltung innerhalb der Kollegenschaft Antworten gaben.
März 2022
All diese Dinge führten letztendlich dazu, dass ich im März 2022 plötzlich einen Anruf meines
Vorgesetzten erhielt, in dem er mir mitteilte, dass „mir Ungemach drohe“. Ich wusste natürlich sofort
worum es ging und bestritt auch nicht, an dieser Demo in meiner Freizeit und in Zivilkleidung
teilgenommen zu haben.
Was folgte war eine Disziplinaranzeige (das ist ja schließlich die Arbeit des Vorgesetzten und ich erklärte ihm, dass er sich dafür nicht entschuldigen müsse) und ein sog „Nichteinleitungsbeschluss“ der Disziplinarkommission.
Somit hatte ich es jetzt schwarz auf weiß – ich darf in meiner Freizeit und in Zivilkleidung als Polizist,
der sich auch als solcher outet, an Demos teilnehmen. Ich würde mich zwar in einem Grenzbereich
zum § 43 Abs. 2 BDG 1979 bewegen, aber mein Verhalten sei durch die Bundesverfassung als ein
Grundrecht gedeckt.
Was folgte waren mehrere Demo-Teilnahmen, ein Interview bei Birgit Pühringer, einer ehemaligen
Kollegin, der es ähnlich ergangen war und die trotz Freispruch ihren Beruf als Polizistin aufgab und kündigte, sowie 2 Reden am Heldenplatz durch mich (wo ich noch vor 2 Jahren jedem den „Vogel
gezeigt“ hätte, der mir das vorausgesagt hätte). Je mehr Tage weiter verstrichen, desto mehr entstand in uns allen der Gedanke unser Tun auch rechtlich sauber abzusichern. So war es mehr oder weniger ein logischer Schritt, dass wir beschlossen, den Verein „Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte (PGF)“ zu gründen. Und dieser Schritt wurde am 1.4.2023 mit der Gründungsversammlung abgeschlossen.
Unsere Ziele sind klar formuliert, wir wollen nicht nur kritisch hinterfragen, wir wollen auch
Wegbereiter sein, um zukünftig solch Grundrechts- und Freiheitsbeschränkende Maßnahmen und
Verordnungen nie mehr zuzulassen.
In der Zwischenzeit bin ich in den Ruhestand gewechselt. Meine Kraft und mein Engagement sind
aber ungebrochen. Ich werde weiterhin, auch mit meinem Gesicht und Namen, dafür einstehen, dass
die Grund- und Freiheitsrechte jedes Menschen unverrückbare Grundpfeiler unseres
gesellschaftlichen Zusammenlebens sind.
Und zuletzt möchte ich Euch einen Text eines großartigen Österreichischen Musikers, Hansi Dujmic mitgeben:
„De Freiheit, die ma wü, muaß ma sie nehma. Ma kriagt sie ned zu kaufen und und scho gor ned g’schenkt. Die Freiheit, noch der wir uns olle sehnen, die hod nur der, der für sich söba denkt!“
Hansi Dujmic
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